FAZ »Mit Liebe gegen Putin« — Zitate

FAZ »Mit Liebe gegen Putin« — Zitate

„Der Leiter des Russlandprogramms der Friedrich-Ebert-Stiftung, Alexej Yusupov, warnt vor überzogenen Erwartungen. Den Begriff Exilopposition benutzt er dabei nur ungern. „Opposition suggeriert, es gäbe noch ein politisches Verfahren, in dem diese Menschen in einem geregelten Prozess an die Macht kommen könnten“, sagt er. „Und das ist ja völlig ausgeschlossen.“

Yusupov spricht eher von Widerstand, davon mit den Medien zu kommunizieren, sich zivilgesellschaftlich zu engagieren, Geld zu sammeln. Nawalnyj habe das gekonnt. „Sogar aus dem Lager heraus hat er es hinbekommen, die Diskussion zu bestimmen.“ Das habe Nawalnyj seiner Meinung nach auch zum „unangefochtenen informellen Anführer“ der Exilrussen gemacht.

Ihm sei es gelungen, den Menschen ein Gefühl zu vermitteln, dass ihr Engagement in einem größeren Zusammenhang steht, eine Handlung von Punkt A zu Punkt B führt. „Das größte Problem des ausländischen Exils ist nicht die Abwesenheit von Mitteln oder von Persönlichkeiten, sondern ein Gefühl der Zwecklosigkeit“, sagt Yusupov. Als Beispiel nennt er die Proteste vor der Russischen Botschaft. „Das ist eine reine Symbolhandlung. Sie bewirkt nichts, sie hilft der Ukraine nicht, sie bringt uns nicht näher an das Ende des Putinregimes.“ Wenn es Jaschin gelänge, mit Ideen und Vorschlägen den Exilrussen ein Gefühl wie Nawalnyj zu vermitteln, könnte er in dessen Fußstapfen treten.

Yusupov meint, dass es nun auch zu einem Generationenstreit unter den Emigranten kommen könnte. Die Jüngeren erwarteten nicht nur eine Losung, sondern eine konkrete Strategie. Diese zu entwickeln brauche wiederum Jahre. Auf dem Weg dorthin könne man auch Menschen verlieren. „Es gibt die ersten Emigranten, die zurück nach Russland gehen.“ Andere, die bleiben, kümmerten sich irgendwann eher um ihre Integration als um politisches Engagement.“

Original, erschienen am 08.08.24